Langfristige Hilfe muss nicht kompliziert sein. Aber es gibt viel zu bedenken, bevor konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können. Lernen Sie hier in sechseinhalb Schritten, wie Menschen für Menschen die Projektarbeit vor Ort angeht: von der Auswahl der Regionen über die Umsetzung der Maßnahmen bis zur Überprüfung ihrer Wirkung.

Eine Region wird unabhängig
Die Projektarbeit in sechseinhalb Schritten

1. Wie wird eine Woreda1 zur Projektregion?

In der Regel tritt die Bevölkerung aktiv mit Menschen für Menschen in Kontakt. Durch offizielle Vertreter und Ältestenräte wird um Unterstützung für die Region angefragt. Ob die Arbeit in einer neuen Region dann tatsächlich aufgenommen werden kann, ist von zwei wichtigen Faktoren abhängig: im ersten Schritt von der Budgetplanung. Nur wenn wir langfristig genug Spenden erhalten, können wir langfristige Unterstützung leisten. Im nächsten Schritt erheben wir in einer Überblicksstudie die Ausgangslage in einer Region, aber auch das Potential zur weiteren Entwicklung.

1 Eine Woreda ist ein Verwaltungsbezirk in Äthiopien, bestehend aus mehreren Kebeles (Gemeinden). Die Projektregion Ginde Beret ist zum Beispiel eine Woreda, die sich in 32 Kebeles gliedert.

2. Was brauchen die Menschen in der Projektregion?

Kann die Arbeit in einer neuen Region aufgenommen werden, erhebt Menschen für Menschen im nächsten Schritt die Bedürfnisse der Bevölkerung. Die äthiopischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen Gespräche und sammeln unterschiedliche Daten (beispielsweise zu Wasserquellen, verfügbarem Saatgut, Grad der Bodenerosion oder Zustand der Schulen). Basierend auf den Ergebnissen wird ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der sowohl die konkreten Maßnahmen als auch das dafür notwendige Budget und die erwartete langfristige Wirkung festhält. Der Maßnahmenkatalog wird mit den örtlichen Behörden abgestimmt.

Mädchen holt Wasser bei in einer Wasserstelle (Foto)
Um Maßnahmen planen zu können, muss man erst die Bedürfnisse kennen: Der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwasser ist eines der größten Probleme in den Projektregionen.

3. Wie werden die Maßnahmen umgesetzt?

Langfristige und anhaltende Entwicklung einer Region lässt sich nur erreichen, wenn nicht nur die Folgen, sondern vor allem die Ursachen gewisser Probleme in Angriff genommen werden. So hat es beispielsweise keinen Sinn, Mikrokredite für Frauen anzubieten, wenn diese täglich viele Stunden mit dem Sammeln von Holz und dem Wasserholen beschäftigt sind und ihnen damit keine Zeit für die Umsetzung ihrer Geschäftsideen bleibt. Zunächst muss also eine Grundlage geschaffen werden: Sauberes Wasser in der Nähe der Dörfer durch Brunnenbau oder geringerer Holzverbrauch durch die Vergabe geschlossener Öfen entlasten die Frauen. Sie haben erst dann Zeit, Bildungs- oder Kreditprogramme wahrzunehmen. Alle Maßnahmen greifen also ineinander. Denn um eine Region als Ganzes zu entwickeln, müssen alle Aspekte des Lebens miteinbezogen werden.

4. Wer setzt die Maßnahmen in der Projektregion um?

Die konkreten Maßnahmen setzen unsere äthiopischen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung um. Die Menschen vor Ort sind Partner in allen Schritten und führen die Maßnahmen nach dem Projektende selbstständig weiter. So hilft die Bevölkerung beispielsweise beim Brunnenbau aktiv mit und ein Wasserkomitee, das sich aus Frauen und Männern aus der Bevölkerung zusammensetzt, erhält Schulungen, um sich anschließend selbstständig um Wartung und Instandhaltung des Brunnens kümmern zu können. An erster Stelle steht also der Wissenstransfer in allen Bereichen: In den drei österreichischen Projektregionen sind 100 äthiopische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig, um der Bevölkerung Know-how und Techniken zu vermitteln, die langfristig die Lebenssituation in der Region verbessern.

Männer beim Brunnenbau (Foto)
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Menschen für Menschen setzen alle Maßnahmen gemeinsam mit der Bevölkerung um.

5. Wann ist die Projektarbeit abgeschlossen?

In der Regel werden Maßnahmen gleich nach Fertigstellung in die Verantwortung der Bevölkerung bzw. der örtlichen Behörden übergeben: Ein Brunnen wird nach dem Bau vom Wasserkomitee des Dorfes gewartet, eine Schule von der Bildungsbehörde betrieben oder ein Aufforstungsgebiet von den Menschen aus der Region gepflegt. Über die Dauer von 10 bis 15 Jahren, so lange braucht der Aufbau einer guten Basis in einer Region etwa, werden die einzelnen Maßnahmen also noch während der Projektarbeit an die Bevölkerung übergeben. Auf diese Weise können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort noch mit Rat und Tat zur Seite stehen, sollten Probleme auftauchen.

6. Wer überprüft die Wirkung der Maßnahmen?

Alle Maßnahmen werden dokumentiert und ihre Wirkung laufend beobachtet. Zu diesem Zweck werden Interviews mit der Bevölkerung geführt, um herauszufinden, wie sich zum Beispiel der landwirtschaftliche Ertrag oder das Haushaltseinkommen durch die Teilnahme an Trainings verändert hat. Oder wie sich die Gesundheit der Familien über die Zeit durch den Zugang zu sauberem Wasser oder Hygienemaßnahmen im Haushalt verbessert. Dieses interne Monitoring wird mit regelmäßigen Evaluierungen durch unabhängige Experten und Expertinnen ergänzt. Beispielsweise durch Zwischenevaluierungen nach einer 3- oder 5-jährigen Projektphase bzw. einer Abschlussevaluierung am Ende der Projektarbeit.

Dokumentation des Fortschritts beim Brunnenbau (Foto)
Die einzelnen Maßnahmen werden nach Fertigstellung an die Bevölkerung übergeben. MitarbeiterInnen von Menschen für Menschen dokumentieren und beobachten ihre Wirkung weiter.

6,5. Was bringt die Projektarbeit langfristig?

Sogenannte „Ex-Post-Evaluierungen“ untersuchen darüber hinaus die langfristige Wirkung der Arbeit von Menschen für Menschen. Fünf Jahre nach Abschluss der Arbeit in der Projektregion Derra zeigte sich zum Beispiel, dass die Wirkung unserer Arbeit anhält und die Region sich selbstständig weiter entwickelt.

Mehr zu internen und externen Evaluierungen lesen Sie hier:

www.mfm.at/transparenz