Seit 2017 gehört Jeldu zu den Projektregionen von Menschen für Menschen. Profitieren werden davon auch einige junge Männer, die mit Honigproduktion durchstarten wollen.

„Bäume und Bienen, beides gibt den Menschen in der Region Jeldu eine Zukunft“, erklärt uns Gebeyuh Seyoum, der mit der Umsetzung der Projektarbeit in unserem jüngsten Projektgebiet betraut ist. Gebeyuh weiß, wovon er spricht. Er kennt die Herausforderungen nur zu gut, denn er hat bereits in der Vergangenheit einige große Aufforstungsprojekte für Menschen für Menschen umgesetzt und sich ausführlich mit den Themen Bodenerosion und ihrer Verhinderung beschäftigt. Die starke Entwaldung in der Region Jeldu, in der wir in der sieben Bezirke umfassenden Teilregion Seriti Catchment seit 2017 tätig sind, stellt die BewohnerInnen und auch das Team von Menschen für Menschen vor besonders große Herausforderungen.

Erste Schritte in Jeldu

Seit Anfang 2017 zählt die Region Jeldu zu den Projektgebieten von Menschen für Menschen. Sie ist eine von drei Projektregionen, die ausschließlich durch Spenden aus Österreich finanziert werden. In der ersten Projektphase werden in Jeldu Maßnahmen aus den Bereichen Landwirtschaft, Wasser sowie Gesundheit umgesetzt. Die Arbeit konzentriert sich in diesen ersten drei Jahren auf das sieben Bezirke (Kebeles) umfassende Seriti Catchment, wo insgesamt rund 52.000 Menschen leben. Im ersten Projektjahr wurden unter anderem sieben Brunnen und Quellfassungen gebaut, 19 Hektar Wald aufgeforstet, über 10 Kilometer Terrassierungen angelegt und rund 30.000 Baumsetzlinge ausgegeben.

Herausforderung Bodenerosion

Die Böden sind nicht mehr fruchtbar und die Landschaft ist von massiver Erosion geprägt. Das führt dazu, dass immer mehr Felder unbrauchbar werden. Das Fehlen von Wäldern hat auch zur Folge, dass natürliche Wasserquellen versiegen. Viele der Bäuerinnen und Bauern erzählen von großen Waldflächen, zahlreichen Quellen und Tieren, die es in ihrer Kindheit noch gegeben hat. Wenn man heute auf die kargen Hügel blickt, fällt es einem schwer, sich mächtige Wälder und eine üppige Vegetation vorzustellen. Zwar gab es in der Vergangenheit immer wieder Bestrebungen, das Land aufzuforsten, doch fehlte es der Bevölkerung an Wissen und auch an Baumsetzlingen, die dafür in großer Anzahl benötigt werden. In der Region werden überwiegend Kartoffeln und Getreide angebaut. Gemüse oder Obst sind so gut wie gar nicht verfügbar, was schwere Mangelerscheinungen zur Folge hat.

30.000 Bäume gepflanzt

Rund 90% der EinwohnerInnen Jeldus sind von den Erträgen ihrer meist zu kleinen Felder abhängig. Werden diese aufgrund der Erosion und dem damit einhergehenden Verlust von Humus und fruchtbarem Ackerland immer weniger, verschärft sich die ohnehin sehr schwierige Ernährungssituation für die Bevölkerung noch weiter. Um dem entgegenzuwirken, haben Gebeyuh und sein Team gemeinsam mit der Bevölkerung die Erosionsbekämpfung in Angriff genommen. Neben der Einrichtung von Baumschulen und dem Anlegen von kilometerlangen Terrassierungen wurde auch bereits das erste große Aufforstungsprojekt umgesetzt. Im Aufforstungsgebiet Chaka Aba Jote haben 160 Frauen und Männer aus der Region unter Anleitung von Menschen für Menschen auf 15 Hektar rund 30.000 Bäume gepflanzt. Bei den gepflanzten Bäumen handelt es sich um viele verschiedene Sorten, die alle ihre eigenen Eigenschaften mitbringen: Zum Beispiel eine Akazienart, die auch zur Futtermittelgewinnung genutzt werden kann, oder der Birbirra, eine endemische Art, die besonders viel Schatten spendet. Die Setzlinge selbst stammen aus Baumschulen von Menschen für Menschen.

30.000 Setzlinge wurden im Aufforstungsgebiet von Chaka Aba Jote gepflanzt. Der Unterstand schützt künftig die Bienenstöcke der Kooperative vor Wind und Wetter. (Foto)

30.000 Setzlinge wurden im Aufforstungsgebiet von Chaka Aba Jote gepflanzt. Der Unterstand schützt künftig die Bienenstöcke der Kooperative vor Wind und Wetter.

Ein Projekt für Generationen

„Auch wenn vielen Menschen hier die langfristigen Probleme von Abholzung und Erosion bekannt sind, war es noch notwendig, Überzeugungsarbeit zu leisten“, erzählt Gebeyuh. Denn die Bäuerinnen und Bauern hatten Angst, durch die Aufforstung Grasland für die Tiere oder Ackerland zu verlieren. Letztendlich konnten die Dorfgemeinschaften aber für das Projekt gewonnen und von der Wichtigkeit überzeugt werden und die Frauen und Männer arbeiten tatkräftig mit. Dass das fruchtbare Land immer weniger wird, ist eine große Herausforderung. Prinzipiell gibt es schon zu wenig verfügbares Land, und die nächsten Generationen haben wenig Hoffnung auf ein eigenes Stück Land für ihre Familien. Es braucht Alternativen. Ein Projekt, das jungen Männern, die ansonsten keine weitere Perspektive in der Region hätten, eine Chance auf eine eigenständige Zukunft geben soll, sind Bienenkooperativen. Ziel ist es, die einzelnen Glieder der Wertschöpfungskette in der Region aufzubauen: Produktion, Verarbeitung, Vermarktung, Vertrieb.

Flüssiges Gold

Honig gilt in Äthiopien als ein sehr wertvolles Produkt und erzielt einen guten Marktpreis. So bezahlt man für ein Kilogramm gereinigten Honig rund 165 Birr (etwa 5 Euro). Im Vergleich: Ein Tagelöhner bzw. eine Tagelöhnerin verdient pro Tag zwischen 40 und 50 Birr. Mit den modernen Bienenstöcken, die von Menschen für Menschen zum Start zur Verfügung gestellt werden, kann ein guter Imker bzw. eine gute Imkerin rund 20 kg Honig pro Stock zweimal pro Jahr ernten. Das ist wesentlich mehr als bei der traditionellen Arbeitsweise mit Strohkörben, die in die Bäume gehängt werden.

„Die Bienenkooperative hat derzeit dreizehn Mitglieder“, erzählt Gebeyuh. „Die meisten von ihnen haben bereits Erfahrung in der traditionellen Bienenhaltung. Sie erhalten Schulungen, um ihr Wissen zu erweitern und das Arbeiten mit den modernen Bienenbeuten mit Rähmchen zu erlernen."

Erfahrungsaustausch

Einige Mitglieder der Bienenkooperative waren im Projektgebiet Dano zu Besuch, wo ein Pilotprojekt für Kooperativen dieser Art gestartet wurde. Der Erfahrungsaustausch mit anderen Bienenkooperativen, die schon einen Schritt weiter sind, ist sehr wichtig und motivierend für die Teilnehmenden. Auch lernen sie einiges über die Probleme und Herausforderungen, die auf sie zukommen und wie sie diese bewältigen können. Drei dieser Mitglieder sind Workene, Getu und Boja. Die jungen Männer – sie sind zwischen 18 und 21 Jahre alt – haben zwar die Schule besucht, aber wenige Chancen auf ein eigenständiges Einkommen. Sie stammen aus kinderreichen Familien und schon heute reicht das Land nicht für den Unterhalt. „Wir sind sehr begeistert von diesem Projekt und waren vom Besuch bei der Kooperative in Dano sehr beeindruckt. Was die Menschen dort aufgebaut haben, ist großartig. Vor allem ein älterer Mann, der im Rollstuhl sitzt, hat uns großen Mut gemacht. Er hat mehr als 120 Bienenstöcke und leistet Unglaubliches! Das hat uns gezeigt, dass auch wir das schaffen können. Wir haben jetzt eine Perspektive und werden unser Bestmögliches tun, um unsere Chance zu nutzen“, erzählen die jungen Männer.

Pflanzen, Pflegen, Produzieren

Die Mitglieder der Kooperative waren bereits fleißig. Sie haben tatkräftig bei der Bepflanzung des Aufforstungsgebiets in Chaka Aba Jote mitgeholfen. Auch ein Unterstand ist bereits in Bau, damit die Bienenstöcke vor Wind und Wetter geschützt sind. Es gibt aber noch einiges zu tun, bevor es losgehen kann. Als nächstes werden im Aufforstungsgebiet Pflanzen ausgesetzt, die sich besonders gut als Bienenfutter eignen. Vorbereitungen für die Arbeit mit den Bienen, Produktion des Honigs und letztendlich für Vermarktung und Vertrieb müssen ebenfalls getroffen werden. Die jungen Männer sind guter Dinge und voller Tatendrang. Sie können die Erfahrungen ihrer KollegInnen aus Dano bereits für sich nutzen und so manche Startschwierigkeit leichter überwinden. Die Bienen der Kooperative werden aber auch den umliegenden Bauern nutzen und ihren Ernteertrag verbessern. Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge entwickeln. Die Zeichen stehen jedenfalls auf Erfolg.

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