„Alle reden vom Wetter, aber niemand tut etwas dagegen“,
soll Mark Twain einst gesagt haben.

Das Wetter lässt sich nicht beeinflussen, und wenn wie in Äthiopien der überwiegende Großteil der Bevölkerung auf die Pünktlichkeit der Regenzeiten angewiesen ist, dann können extreme Wetterbedingungen schnell verheerende Wirkung zeigen.

Einer von zehn Menschen betroffen

Als in vielen Regionen Äthiopiens zwei Regenzeiten in Folge ausblieben, war bereits abzusehen, dass hier außerplanmäßige Hilfe geleistet werden muss. Im August 2015 veröffentlichten die Vereinten Nationen erstmals offizielle Zahlen, wie viele Menschen in Äthiopien Nahrungsmittelhilfe brauchen: Von 4,5 Millionen Menschen war zunächst die Rede, als im Projektkoordinationsbüro von Menschen für Menschen in Addis Abeba die Vorbereitungen für die Nothilfe schon auf Hochtouren liefen. Zu diesem Zeitpunkt nahm man in Europa noch kaum Notiz von der drohenden humanitären Katastrophe am Horn von Afrika. Die Aufmerksamkeit war auch verhalten, als die Zahl der Betroffenen stetig nach oben korrigiert wurde: Erst 8,2 Millionen im Oktober 2015, bis schließlich über 10 Millionen Menschen betroffen waren: Einer von zehn Menschen musste dringend mit Lebensmitteln versorgt werden.

Eigenständige Nothilfe

Für Menschen für Menschen war und ist es selbstverständlich, in dieser Notsituation zu helfen und auch außerhalb der langfristigen Projektregionen mitanzupacken. Als Organisation die über eine eigene Infrastruktur in Äthiopien verfügt und über 700 Mitarbeiter beschäftigt, kann Menschen für Menschen rasch und relativ unkompliziert auf eine solche Notsituation reagieren. Vor Ort sind Mitarbeiter der Hilfsorganisation für die Verteilung der Lebensmittel und Koordination verantwortlich. Auch der Einkauf und der Transport werden eigenständig abgewickelt. „Nur so können wir garantieren, dass die Hilfe denen zugutekommt, die sie am dringendsten brauchen“, sagt Rupert Weber, geschäftsführender Vorstand von Menschen für Menschen in Österreich.

Bäuerin Alfia Muktar zeigt die verkümmerten Ähren. Die Nothilfe kam gerade noch rechtzeitig. (Foto)

Bäuerin Alfia Muktar zeigt die verkümmerten Ähren. Die Nothilfe kam gerade noch rechtzeitig.

Gerade noch rechtzeitig

Rupert Weber war selbst vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen und sich vom reibungslosen Ablauf der Verteilung zu überzeugen. „Die Menschen in Agarfa standen wortwörtlich vor dem Nichts, wiederholt haben sie auf Regen gehofft und ihre Felder bepflanzt, aber die Ernte verkümmerte. Viele hatten ihre Kühe oder Ziegen schon verkauft – die Tiere gelten als Notreserve. Unsere Hilfe kam gerade noch rechtzeitig. Nur dadurch konnten wir verhindern, dass Menschen ihre Heimatdörfer verlassen mussten oder ihnen Schlimmeres zustößt.“

Safia kann Zuhause bleiben

Gerade noch rechtzeitig kam die Hilfe auch für Safia Shekadir. Die achtfache Mutter hatte keine andere Wahl mehr, sie musste ihre Tiere verkaufen: „Nur die Milchkuh ist mir noch geblieben. Aber die kann ich nicht verkaufen. Was würde mir dann noch bleiben?“ Beim Besuch in ihrer kleinen Hütte spürt man die Verzweiflung und die Anspannung die Safias Notlage mit sich bringt. „Manchmal,“ erzählt Safia mit schwerer Stimme, „manchmal, da habe ich das Gefühl als würde ich von dieser Welt verschwinden.“ Hin und wieder habe sie auch schon darüber nachgedacht, ihr Zuhause zu verlassen. Dass es nicht soweit kommen musste, das hat sie der Hilfe von Menschen für Menschen zu verdanken.

Kurzzeitiges Aufatmen in Agarfa

In Teilen Äthiopiens hatte es in der ersten Hälfte des Jahres rechtzeitig zu regnen begonnen und die Menschen brachten bereits ihr Saatgut aus. Auch in Agarfa hatte sich die Lage bereits entspannt und die Berichte aus der Region gaben Grund zur Hoffnung, die rasch wieder zerstört wurde.

„Leider haben die dringend benötigten Regenfälle wieder aufgehört. Menschen für Menschen wird seine Nothilfe entsprechend fortsetzen und weiterhin den Menschen vor Ort helfen, um unnötiges Leid zu vermeiden“, so Rupert Weber von Menschen für Menschen Österreich. Noch ist es also nicht überstanden.

Damit die Bevölkerung jedoch in Zukunft besser gegen anhaltende Dürreperioden gewappnet ist, müssen andere Wege beschritten werden. Verbesserte Anbau- und Bewässerungstechniken oder neues Saatgut helfen zum Beispiel dabei, den Ertrag zu steigern. Erwerbsmöglichkeiten abseits der Landwirtschaft machen die Menschen ein Stück unabhängiger vom Ertrag der Felder. Freilich können auch diese Maßnahmen Wetterextreme nicht aufhalten. Aber sie können zumindest die Folgen nicht so verheerend ausfallen lassen, so dass die Menschen noch mit Hoffnung in die Zukunft blicken können.

Nothilfemaßnahmen 2015/2016

Seit November 2015 leistet Menschen für Menschen dringende Nahrungsmittelhilfe in Agarfa.

Die Region liegt außerhalb der Projektgebiete der Organisation. 32.500 Menschen werden hier mittlerweile mit Lebensmitteln versorgt.

Jeder Mensch erhält monatlich ein Nahrungsmittelpaket wie es vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen empfohlen wird: 15 kg Getreide, 1,5 kg Hülsenfrüchte und 0,45 kg Speiseöl. Schwangere Frauen, stillende Mütter und Kleinkinder bekommen außerdem ein vitamin- und nährstoffreiches Nahrungsergänzungsmittel.

Damit die Hilfe auch direkt bei den Betroffenen ankommt, wird von Einkauf über Transport bis zur Verteilung alles von Mitarbeitern von Menschen für Menschen übernommen. Das zeigt, dass die Expertise im Land insbesondere in solchen Notsituationen von großem Vorteil ist.

Da die Nahrungsmittelhilfe jedoch zusätzlich zur Arbeit in den Projektregionen erfolgt, sind auch dementsprechend mehr Mittel notwendig. „Menschen für Menschen finanziert sich rein aus privaten Spenden. Das bedeutet auch, dass wir zunächst auf Rücklagen zugreifen mussten“, so Vorstand Rupert Weber. „Durch den raschen Einsatz unserer Spender und Spenderinnen und die sofortige großzügige Unterstützung unseres langjährigen Partners, der RED CHAIRity-Initiative, konnten wir die Nothilfe ausweiten und in der Region Agarfa alle 32.500 von der Dürre betroffenen Menschen unterstützen.“

Bisher konnte der österreichische Verein Menschen für Menschen 1,7 Mio. Euro für die laufende Nahrungsmittelhilfe bereitstellen. (Stand: Juli 2016)

Berichte zur Nothilfe:

Weiterlesen:

www.mfm.at/nothilfe