In den meisten Köpfen hat sich über die Jahrzehnte ein fixes Bild Äthiopiens festgesetzt. Vor dem inneren Auge erscheinen Bilder von vertrockneten Böden und hungernden Kindern, von Armut, Elend und Not. Dabei ist Äthiopien ein äußerst vielfältiges Land mit einer bewegten Geschichte und reich an unterschiedlichsten Eindrücken.

Das Dach Afrikas

Die Vielfältigkeit Äthiopiens ist nicht zuletzt der abwechslungsreichen Topographie des Landes geschuldet: Der tiefste Punkt Äthiopiens liegt 116 Meter unter dem Meeresspiegel in der Danakil-Senke, der höchste Punkt ist der Ras Dashen mit 4.533 Metern. Rund die Hälfte der Landesfläche liegt höher als 1.200 Meter, was Äthiopien auch den Beinamen „Dach Afrikas“ einbringt. Selbst die Hauptstadt Addis Abeba liegt auf einer Höhe von etwa 2.400 Metern. Wer Äthiopien bereist, wird atemberaubende Tafelberge umfahren, beeindruckende Schluchten und weite Ebenen durchqueren, die jedoch alle eine unheimliche Gemeinsamkeit haben: kaum ein Baum verstellt den Blick in die Ferne. Eines der größten Probleme des Landes ist die fortschreitende Entwaldung. Noch vor gut hundert Jahren waren rund 40% der Fläche Äthiopiens von Wald bedeckt, also in etwa so viel wie aktuell in Österreich.1 Heute sind es nur noch 11%2, Tendenz fallend.

Gruppenfoto im Feld (Foto)

Rund die Hälfte der Menschen Äthiopiens ist jünger als 15 Jahre. Sie brauchen Zukunftsperspektiven.

Steigende Bevölkerung, steigender Bedarf

Vor allem der hohe Bedarf an Anbauflächen der Bevölkerung hat dazu geführt, dass weite Landstriche gerodet wurden. Mit ein Grund dafür ist die Tatsache, dass nach wie vor der Großteil der Bevölkerung – ca. 85% – in der Landwirtschaft tätig ist, die meisten als Kleinstbauern. Hinzu kommt ein rasantes Bevölkerungswachstum von 2,98 %, und da es in Äthiopien keinen Landbesitz gibt, bedeutet das, dass Väter ihren Söhnen – wie es traditionell gehandhabt wird - Teile ihres Landes abtreten, sobald diese selbst eine Familie gründen. Bei einer durchschnittlichen Geburtenrate von rund 5 Kindern pro Frau ist es verständlich, dass Land sehr schnell sehr knapp wird.3

Addis Abeba: die neue Blume

Es gilt also, Alternativen zur Landwirtschaft zu ermöglichen, denn immer mehr junge Menschen sehen keine Perspektive mehr in ihrer Heimat. Die Folge ist eine zunehmende Abwanderung in Richtung Städte, allen voran die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba, von der niemand so genau weiß, wie viele Menschen hier mittlerweile leben, beziehungsweise hausen. Etwas über 3 Millionen nennt der offizielle Zensus aus dem Jahr 2007, kolportiert werden jedoch bis zu 8 Millionen Einwohner. Addis Abeba gilt als die aufstrebende Stadt Afrikas. Hier ist der Sitz der Afrikanischen Union, hier finden ausländische Investoren großen Anklang, hier wird an allen Ecken der Stadt ein neues Gebäude in die Höhe gezogen. Im Schatten dieser Zeugen des Aufschwungs drängen sich Wellblechhütten und in den staubigen Straßen der Stadt versuchen die Menschen einen kleinen Teil des Kuchens abzubekommen.

Lebensgrundlagen sichern

Schon inmitten der Stadt fällt einem auf, dass Äthiopiens Menschen nach wie vor stark von der Landwirtschaft abhängig sind, wenn der tägliche Verkehrsstau von Ziegenherden aufgemischt wird, oder Frauen mit schweren Bündeln Reisig zurück in die Stadt pilgern. Um die Lebensgrundlage so vieler Menschen nachhaltig zu sichern und ihnen in der Heimat eine Perspektive zu eröffnen, gilt es also zunächst, diese Basis zu stärken. Das erklärte Ziel von Menschen für Menschen ist es, die Ernährung in ländlichen Regionen Äthiopiens zu sichern und Möglichkeiten abseits der Landwirtschaft zu schaffen, damit die Menschen ein gutes Auskommen finden können. Darüber hinaus müssen die ländlichen Regionen gestärkt und eine Infrastruktur geschaffen werden, die zum einen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und zum anderen eine weitere, von fremder Hilfe unabhängige, Entwicklung anstoßen.

Aufwärtsentwicklung Äthiopiens

In den vergangenen Jahrzehnten hat Äthiopien einen Aufwärtstrend erfahren – und das nicht nur in der boomenden Stadt Addis Abeba, die sich international auf den Plan gesetzt hat. Wenn man sich die Entwicklung des Landes in den vergangenen 25 Jahren ansieht, wird deutlich, dass Äthiopien sich auf dem besten Weg in eine bessere Zukunft befindet. Fünfmal so viele Menschen haben heute Zugang zu sauberem Trinkwasser und die Unterernährung konnte halbiert werden. Natürlich gibt es noch viel zu tun, aber auch Fortschritte müssen gewürdigt werden.

Äthiopien ist auf dem besten Weg

Ein Vergleich über die Jahre zeigt, dass in Äthiopien schon Vieles verbessert werden konnte.

Jahresvergleich Verbesserungen in Äthiopien (Grafik)Jahresvergleich Verbesserungen in Äthiopien (Grafik)

Wasserversorgung: Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu sauberem Trinkwasser
Alphabetisierungsrate: Bevölkerung über 15 Jahre, die schreiben und lesen kann
Kindersterblichkeit: Anzahl der Kinder je tausend Lebendgeburten, die noch vor ihrem fünften Geburtstag sterben
Unterernährung: Anteil der Bevölkerung, die als unterernährt gilt (Unterernährung geht über die reine Kalorienzahl hinaus, sie bezeichnet eine unzureichende Versorgung mit Energie, Proteinen oder wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen)

Quellen: WHO/UNICEF JMP; UNDP; UN IGME; UNESCO; FAO, IFAD AND WFP

Felsenkirchen von Lalibela (Foto)

Die berühmten Felsenkirchen von Lalibela.

Äthiopien:
Land und Leute

Wer Äthiopien bereisen will, findet freundliche und hilfsbereite Menschen, wunderschöne Landschaften und nicht weniger als neun Stätten des UNESCO Weltkultur- bzw. Weltnaturerbes vor. Dazu zählen zum Beispiel die Felsenkirchen von Lalibela, die im 13. Jahrhundert entstanden sind und direkt aus dem umliegenden Stein in die Tiefe gehauen wurden. Oder die historische Stadt Harar, die von mittelalterlichen Stadtmauern umrandet wird und als viertheiligste Stadt für äthiopische Muslime gilt. Hier spielt sich auch ein besonderes Schauspiel ab, wenn allabendlich die Hyänen vor den Toren Harars gefüttert werden, teils von Mund zu Mund.

Land der vielen Sprachen

In Äthiopien wird offiziell Amharisch gesprochen, doch kann es häufig passieren, dass – besonders in abgelegenen Regionen – einen nicht mal die Amtssprache weiter bringt. Denn Äthiopien ist ein Vielvölkerstaat, mit etwa 80 verschiedenen ethnischen Gruppen und ebenso vielen Sprachen. Gegliedert ist Äthiopien in neun Regionen und zwei regionsunabhängige Städte. Die Projektregionen Ginde Beret und Abune Ginde Beret liegen zum Beispiel in der Region Oromia, wo die meisten Menschen hauptsächlich Oromo sprechen, eine Sprache die sich sogar in der Schrift von der Amtssprache Amharisch unterscheidet. Selbst Marathonlegende Haile Gebrselassie stieß bei seinem Besuch in Ginde Beret an seine Grenzen und musste sich an einen Dolmetscher wenden, um mit der Bevölkerung kommunizieren zu können.

Jedem Reisenden ist Äthiopien sehr ans Herz zu legen. Nähere Informationen über das Land und seine Kultur finden Sie unter:

Weiterlesen:

www.mfm.at/aethiopien