Gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung bauen wir ein starkes Fundament, das die fünf Säulen der Entwicklung nachhaltig trägt. Wir kommen nicht, um zu bleiben – sondern um die Menschen auf ihrem Weg in eine von fremder Hilfe unabhängige Zukunft zu unterstützen.

Im Mittelpunkt des Tuns von Menschen für Menschen steht seit Beginn die „Hilfe zur Selbsthilfe“. Menschen für Menschen will nicht vereinzelte Hilfe leisten, sondern das Leben der gesamten Bevölkerung in ganzen Regionen nachhaltig verbessern. Wir sehen die betroffenen Menschen nicht als passive HilfsempfängerInnen, sondern als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe. Dahinter steht unsere Überzeugung, dass Veränderungen nur dann greifen können, wenn die Menschen, die sie betreffen, hinter ihnen stehen. Wenn ihnen die Maßnahmen nicht übergestülpt werden, sondern gemeinsam mit ihnen erarbeitet und umgesetzt werden. Veränderung sollte nicht bedeuten, von fremder Hilfe abhängig zu werden. Darum zeigen wir mit Expertise und Ressourcen Chancen auf, wie sich das Leben in ländlichen Regionen Äthiopiens nachhaltig verbessern kann.

Zusammenhänge erkennen

Viele der Herausforderungen in unseren Projektregionen hängen eng zusammen. Zum Beispiel können Kleinkreditprogramme von Frauen erst wahrgenommen werden, wenn diese durch den Bau von Brunnen oder den Einsatz von holzsparenden Öfen in ihren täglichen Arbeitsaufgaben entlastet werden. Ist ein Brunnen oder eine Quellfassung in der Nähe, müssen auch Mädchen, die traditionellerweise fürs Wasserholen zuständig sind, keine kilometerweiten Wege zurücklegen und können die Schule besuchen. Um die Lebensbedingungen in einer Region nachhaltig zu verbessern, müssen viele Faktoren und besonders ihre Zusammenhänge bedacht werden. Der integrierte Ansatz baut daher auf fünf Säulen auf, die für eine nachhaltige Entwicklung essentiell sind: Landwirtschaft, Wasser, Bildung, Gesundheit und Einkommen.

Integrierte nachhaltige Entwicklung

Aus den Bereichen Landwirtschaft, Wasser, Bildung, Gesundheit und Einkommen werden verschiedene Maßnahmen abgeleitet, miteinander verbunden und gemeinsam mit der Bevölkerung umgesetzt. Ziel ist die nachhaltige Entwicklung ganzer Regionen.

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Landwirtschaft

Stadt, Land, Flucht

Megersa Bulto wuchs in einer sehr entlegenen Gegend Äthiopiens auf. Rund
180 km nordwestlich der Hauptstadt Addis Abeba in einem abgelegenen Talkessel der Region Ginde Beret, was wortwörtlich so viel bedeutet wie „der große Viehstall“.

Megersa Bulto mit seiner Familie (Foto)

Landwirtschaft Der Großteil der Bevölkerung im ländlichen Äthiopien muss als Kleinstbauer ein Auskommen finden. Das wird aufgrund veralteter Anbaumethoden, fortschreitender Erosion und ausgelaugten Böden jedoch immer schwieriger. Deshalb ist es wichtig, diese Lebensgrundlage zu sichern. Die Bauern in unseren Projektregionen lernen in landwirtschaftlichen Kursen verbesserte Anbau- und Bewässerungstechniken kennen. Terrassierung und Aufforstung wirken der Erosion entgegen. Ertragreicheres Saatgut und teils noch unbekannte Obst- und Gemüsesorten wie Paradeiser, Mangold, Äpfel oder Mangos tragen außerdem zu einer gesicherten, vitaminreichen Ernährung der Familie bei.

Bis vor einigen Jahren gab es zu Megersas Heimatdorf keine Zufahrtsstraße, in der ganzen Region fehlte sauberes Trinkwasser und es gab nur wenige Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wie so viele hat auch Megersa von einem besseren Leben geträumt und sich auf den Weg gemacht. Er zog nach Ambo, einer Stadt direkt an der asphaltierten Straße, wo täglich unzählige Lastwägen vorbeidonnern. Dort würde er Arbeit finden, die genug einbringt, damit er eine Familie gründen und ein gutes Leben führen kann. So seine Überzeugung. In Ambo, rund 2,5 Fahrstunden von seiner Heimat entfernt, versuchte er als Gewürzhändler sein Glück. „Es war sehr schwierig“, so Megersa. „Ich konnte kaum von meinem Einkommen leben, meine Träume von einem guten Leben ohne existentielle Sorgen haben sich auch in der Stadt nicht erfüllt.“ Zwar gründete Megersa eine Familie, doch die Situation in Ambo wurde immer schwieriger.

Zurück in die bessere Zukunft

Während Megersa sein Glück in der Stadt suchte, hatte sich seine Heimatregion weiterentwickelt. Seit 2011 arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Menschen für Menschen in Ginde Beret. In dieser Zeit wurden gemeinsam mit der Bevölkerung Zufahrtswege geschaffen, landwirtschaftliche Schulungen durchgeführt und Brunnen und Quellfassungen gebaut. „Über sechs Jahre war ich weg. Als ich vor drei Jahren zurückkehrte, hat mir mein Vater ein kleines Stück Land überlassen. Doch anfangs wusste ich auch nicht so recht, was ich anbauen sollte. Also habe ich Zuckerrohr gepflanzt“, erzählt Megersa. „Erst als mir die Nachbarn von den Landwirtschaftskursen erzählten, habe auch ich die Unterstützung gesucht und im Training etwas über Gemüseanbau gelernt. Dank der vielen verschiedenen Sorten kann ich heute den Lebensunterhalt für mich und meine Familie bestreiten.“

Ein Garten Eden

Auf dem kleinen, gepflegten Grundstück wachsen nun Kaffee, Papaya, Paradeiser, Mangold und sogar Apfelbäume. Vor allem die beiden kleinen Söhne sind ganz begeistert. Sie lieben den süßen Geschmack der Äpfel, die vor allem in den ländlichen Regionen einen guten Preis auf dem Markt erzielen. Der Hof von Megersa wirkt wie ein kleines Paradies. „Ich merke auch, dass sich die Einstellung der Menschen verändert hat. Es wird Neues ausprobiert und wenn man sieht, dass etwas beim Nachbarn gut funktioniert, übernimmt man es. Auch haben die Frauen heute Möglichkeiten, die es vor wenigen Jahren noch nicht gab. Meine Frau Workenesh kann mithilfe eines Kleinkredits selbstständig ein Einkommen erwirtschaften“, erzählt Megersa begeistert. So wie viele andere Frauen hat sich Workenesh einer Kreditgruppe angeschlossen, um ihre Geschäftsidee zu verwirklichen. Sie hat Milchkühe gekauft und verarbeitet die Milch zu Butter und Joghurt. Später möchte sie auch noch mit verschiedenen Alltagsgütern wie Seife oder Schuhen handeln und ein kleines Geschäft eröffnen. Megersa und Workenesh haben nochmals den Weg zurück zu ihren Wurzeln gewagt. Die Träume, die sie einst in der Ferne gesucht hätten, erfüllen sich jetzt in ihrer Heimat.

Mehr über unsere Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft lesen Sie hier:

www.mfm.at/landwirtschaft

Die gute Erde

Workenesh und ihr Mann Megersa bearbeiten ihren Garten (Foto)

Wie ein gut geöltes Uhrwerk arbeiten Workenesh und ihr Mann Megersa zusammen und schütten Schicht für Schicht in die kleine Grube, die sie fein säuberlich ausgehoben haben: Etwas Erde, dann Wasser, Blätter und Asche und schließlich das Herzstück der sich füllenden Kompostgrube: Schalen, übriggebliebene Blätter und andere Reste vom Gemüse, das soeben im Kochkurs von Menschen für Menschen zum Einsatz kam. Noch eine abschließende Schicht Blätter und Erde und das Werk ist vollbracht: Das Ehepaar hat einen weiteren wichtigen Schritt getan, um auch künftig viel gutes Obst und Gemüse auf ihrem kleinen Hof ernten zu können. In etwa einem Jahr sollte die Komposterde fertig zur Verwendung sein. Auch das Anlegen von Kompostgruben und -haufen gehört zu den Techniken, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Menschen für Menschen den Bauern näher bringen. Einmal gelernt, ist somit eine weitere wichtige Basis für ein besseres Leben gelegt.

Ernährung sichern und Perspektiven schaffen. Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft wirken sich positiv auf Mensch und Umwelt aus:

Ernährung

Wirkungskette Landwirtschaft – Ernährung (Grafik)

Umwelt

Wirkungskette Landwirtschaft – Umwelt (Grafik)

Bei einer Evaluierung werden die einzelnen Glieder der Wirkungskette analysiert: Welche Mittel wurden eingesetzt (Input), welche Leistung wurde damit erbracht (Output), welche direkte (Outcome) und welche langfristige Wirkung (Impact) wurde erzielt.

Wasserversorgung

Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen…

Wien im Jahr 1961: Nur 66 Prozent der Wohnungen haben einen eigenen Wasseranschluss. Und nur 55% verfügen über eine Toilette im Wohnverband.1

Zwei Mädchen beim Wasserholen (Foto)

Wasser Der Zugang zu sauberem Wasser ist die Grundlage für Leben. Um diesen Zugang zu sichern, bauen wir gemeinsam mit der Bevölkerung Brunnen und Quellfassungen in der Nähe der Dörfer. Ein Wasserkomitee, das aus den jeweiligen Dorfbewohnern besteht, sorgt dafür, dass nach Fertigstellung des Brunnens oder der Quellfassung auch eine entsprechende Wartung und Instandhaltung erfolgt. Wasser nutzbar zu machen sichert auch die Ernährung ganzer Dörfer: Mit dem Wissen über richtige Bewässerung und dem Anlegen einfacher Bewässerungskanäle lässt sich der Ernteertrag nachhaltig steigern.

Man muss gar nicht weit zurück oder über Grenzen blicken, um zu verstehen, dass jede Entwicklung ihre Zeit braucht. Als im Jahr 1873 die Weltausstellung in Wien stattfand – nach London, New York und Paris immerhin die erste im deutschsprachigen Raum – wurde eifrig die Werbetrommel gerührt, um BesucherInnen aus aller Welt anzulocken. Doch der große Ansturm blieb aus, denn ausgerechnet in diesem Jahr kam es in Wien zu einer großen Choleraepidemie, der 3.000 Menschen zum Opfer fielen. Noch im selben Jahr wurde nach vierjähriger Bauphase die I. Wiener Hochquellwasserleitung eröffnet, die bis heute gut die Hälfte des Wiener Trinkwassers liefert. Künftig gehörten große Choleraepidemien der Vergangenheit an, denn mit dem sauberen Wasser zogen auch bessere hygienische Bedingungen in die Wiener Häuser ein.

Bassena und Gang-Klosett

Vom Bach zum Dorfbrunnen zum Wasserhahn, vom Wald zum Plumpsklo zum Wasserklosett: Jeder Schritt zu sauberem Wasser und gesunder Hygiene braucht seine Zeit und auch die nötige Aufmerksamkeit. Während jedem hierzulande bewusst sein dürfte, wie wichtig sauberes Trinkwasser für die Gesundheit ist, wird dem Natürlichsten aller Bedürfnisse oft wenig Beachtung geschenkt. Das stille Örtchen heißt vielleicht auch so, weil nicht gerne darüber gesprochen wird. Und das obwohl es eine zentrale Bedeutung für die Gesundheit des Menschen und die Entwicklung ganzer Regionen einnimmt.

Dabei ist es ein einfaches Gedankenspiel: Zu Beginn unserer Arbeit hatte kaum jemand in Ginde Beret Zugang zu sanitären Anlagen. Wenn es kein Klo gibt, wird die Notdurft in der Umwelt verrichtet. Das zieht Fliegen an, die wiederum Krankheiten verbreiten. Frauen und Mädchen haben es dabei – nicht nur einmal im Monat – besonders schwer: Sie suchen den Schutz der Dunkelheit und begeben sich damit oft in große Gefahr, vergewaltigt oder verschleppt zu werden.

Frau beim Händewaschen (Foto)

Bei den Latrinen sind Wasserkanister und Seife zum Händewaschen angebracht.

Wir bauen eine Toilette!

Die Lösung für all das scheint simpel, denn jeder von uns hat sie im Haus: Eine Toilette muss her. Genauer gesagt eine Trockenlatrine, denn Wasseranschlüsse sind im ländlichen Äthiopien weitgehend Zukunftsmusik. Doch wer weiß schon auf Anhieb, wie so eine Latrine gebaut werden muss? Wie tief sollte das Loch sein? Wie weit die Entfernung zum Gemüsegarten? Wie funktioniert das mit der Abdeckung? Und ist es damit schon getan?

All diese Fragen und viele darüber hinaus können die EntwicklungsberaterInnen und SozialarbeiterInnen von Menschen für Menschen beantworten, die in den Regionen mit der Bevölkerung arbeiten. Sie unterstützen mit Know-how bei der Errichtung einer Latrine, deren erforderliche Größe übrigens auch von der Familiengröße abhängt. Die Abdeckung selbst wird von der Organisation verteilt und in Schulungen wird wiederum der Zusammenhang zwischen bestimmten Krankheiten und offenen Latrinen erklärt. Und auch, wie wichtig es ist, eine Vorrichtung zum Händewaschen anzubringen und durch Planen oder Weidenzäune für ein wenig Privatsphäre beim Geschäft zu sorgen.

Den Thron auf den Thron heben

Wo dieses Geschäft verrichtet wird, ist keine Banalität. Nicht umsonst war zum Beispiel die genaue Begutachtung von Latrinen Bestandteil der Evaluierung der Trachom-Großaktion. Denn neben der Behandlung der Krankheit an sich, also ihrer Symptome wie Augenentzündungen, gehört zur nachhaltigen Bekämpfung die Verbesserung von Hygiene und Umweltfaktoren. Trachom wird in den häufigsten Fällen von Fliegen verbreitet. Und Fliegen fliegen eben auf Exkremente. Offene Latrinen sind für sie ein Schlaraffenland, wo sie sich munter vermehren und Bakterien aufnehmen und verbreiten können.

Vielleicht sind die Regionen Abune Ginde Beret und Ginde Beret noch weit von einer Hochquellwasserleitung entfernt, doch allein im Jahr 2016 wurden 37 Brunnen und Quellfassungen gebaut und rund die Hälfte der Haushalte verfügt heute schon über eine Latrine. Ein guter Anfang. Deckel drauf und die Fliegen haben keine Chance mehr.

Mehr über unsere Maßnahmen im Bereich Wasser und Hygiene lesen Sie hier:

www.mfm.at/wasser

1 Vgl. Franz X. Eder: Privater Konsum und Haushaltseinkommen im 20. Jahrhundert, S236

Sauberes Wasser verändert alles und bedeutet Gesundheit, genug Essen und Bildung.

Gesundheit

Wirkungskette Wasserversorgung – Gesundheit (Grafik)

Bildung

Wirkungskette Wasserversorgung – Bildung (Grafik)

Ernährung

Wirkungskette Wasserversorgung – Ernährung (Grafik)

Bei einer Evaluierung werden die einzelnen Glieder der Wirkungskette analysiert: Welche Mittel wurden eingesetzt (Input), welche Leistung wurde damit erbracht (Output), welche direkte (Outcome) und welche langfristige Wirkung (Impact) wurde erzielt.

Brunnenbau: Von und für die Bevölkerung

Sanitäre Versorgung und das Wissen über die richtige Hygiene sind ein wichtiger Schritt. Beide können aber nur gemacht werden, wenn es auch sauberes Wasser gibt. Deshalb baut Menschen für Menschen Brunnen und Quellfassungen in der Nähe der Dörfer. Beim Bau wird die Bevölkerung immer von Beginn an miteingebunden. Sie hilft mit, Brunnenschächte zu graben oder Quellen freizulegen. Ist eine Wasserstelle fertig, übernimmt ein Wasserkomitee, das von den BewohnerInnen gewählt wird, die Instandhaltung und Wartung. Dafür wird im Dorf auch ein Nutzungsbeitrag erhoben. Wie hoch dieser ist, entscheidet die Gemeinschaft untereinander. Die Verantwortung bleibt so von Beginn an vor Ort und es entstehen keine Abhängigkeiten.

Bildung

Das Schweigen brechen

Mit einem Theaterstück Leben retten. Klingt übertrieben? Für die Schülerinnen und Schüler der Aresa Kono School ganz normal. Denn wer die Gefahren kennt, kann sich auch vor ihnen schützen.

Kinder bei einem Theaterspiel mit sehr ernsthaftem Thema: Der HIV-Schulclub präsentiert Selbstgeschriebenes. (Foto)

Bildung Bildung ist der Schlüssel zu Entwicklung. In unseren Projektgebieten fördern wir die Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Der Bau von Schulen nach einem bewährten und besonders langlebigen Modell ist dabei genauso von Bedeutung, wie Alphabetisierungskurse für Erwachsene oder auch Trainings für Lehrer, wodurch wiederum das Unterrichtsniveau gehoben wird. Darüber hinaus ermöglichen unsere Berufsschulen den Jugendlichen eine weiterführende Ausbildung, beispielsweise in Mechanik oder Holzverarbeitung.

Gespannt sitzen die Schülerinnen und Schüler der Aresa Kono School im Projektgebiet Ginde Beret im Nordwesten Äthiopiens auf dem Boden. Die Aufregung unter den Teenagern ist deutlich zu spüren. Wochenlang wurden Ideen gewälzt, Texte verfasst und für den großen Auftritt geprobt. Heute ist Premiere, die Mitglieder des HIV-Schulclubs präsentieren erstmals ihr selbst geschriebenes Theaterstück der gesamten Schule. Die HIV-Clubs sind ein freiwilliges Zusatzangebot neben dem normalen Schulunterricht für Kinder und Jugendliche und werden von Menschen für Menschen unterstützt. Ziel ist es, das Schweigen über HIV/AIDS zu brechen und Neuerkrankungen zu verhindern. Einmal im Monat trifft sich der HIV-Club. Geleitet wird er von einem Lehrer der Schule, der auch die Themen, die behandelt werden, vorgibt.

Wissen: Von der Schule nach Hause

Gedichte über Verhütung werden geschrieben oder auch Lieder und Texte über den Verlauf von HIV/AIDS. Der Schwerpunkt liegt natürlich auf Aufklärung und Verhinderung der Krankheit. „Es ist uns sehr wichtig, dass sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit der Krankheit und wie sie eine Ansteckung verhindern können, auseinandersetzen“, so Berhanu Bedassa, Projektleiter in Ginde Beret. „Sie nehmen dieses Wissen dann auch mit nach Hause und erzählen ihren Familienangehörigen davon. Auch das ist eine wichtige Form der Wissensvermittlung, da wir so auch Menschen erreichen, die sonst vielleicht nie etwas über die genauen Ursachen der Krankheit erfahren würden.“ Gerade am Anfang, als HIV für die meisten Menschen noch kein Begriff war, wurden die Erkrankten stigmatisiert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Aufklärung hat viel dazu beigetragen, dass Menschen, die es ohnehin schon sehr schwer haben, nicht auch noch ausgegrenzt werden.

Bühne frei!

Zurück im Schulhof. Das Theaterstück beginnt. Zwei Burschen und zwei Mädchen treten auf. Die Burschen spielen hippe, coole Jungs, die richtige Draufgänger sind und sich mit den „braven“, zurückhaltenden Mädchen vergnügen wollen. Sie lernen sich auf einer Party kennen und überreden die Mädchen, sich mit ihnen zu treffen. Dabei erzählen sie ihnen, dass die Schule gar nicht so wichtig sei usw. Bei uns würden Eltern derartige Jungs einfach falsche Freunde nennen, die schlechten Einfluss haben. Dass die Jungs zuvor auch immer wieder mit „leichten Mädchen“ in Kontakt waren, verschweigen sie. Die Mitschülerinnen und Mitschüler amüsieren sich trotz des ernsten Stückes prächtig, es wird viel gelacht und die Charaktere dürften bekannte „Typen“ widerspiegeln. Vor allem eine Arztszene – als die Jungs in Ohnmacht fallen, weil sie erfahren, dass sie HIV-positiv sind – löst Betroffenheit aus.

Die gute schauspielerische Leistung begeistert das Publikum. Im Stück treffen sich die Burschen trotz ihrer Diagnose mit den Mädchen und verschweigen ihre Krankheit – offenbar kein unbekanntes Problem, das im Stück thematisiert wird. Natürlich werden auch die richtigen Verhaltensweisen ins Stück verpackt und so eine Anleitung gegeben, wie sowohl Jungen als auch Mädchen auf mögliche Gefahren aufmerksam werden und diesen ausweichen können. Als das Theaterstück zu Ende ist, erhalten die Protagonistinnen und Protagonisten tosenden Applaus. Sie haben es geschafft, ihre so wichtigen Botschaften in ein unterhaltsames und spannendes Stück für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zu verpacken.

Aufgeklärte Jugendliche

Wie in den meisten Gesellschaften braucht es auch in Äthiopien entsprechende Kommunikationswege, um Jugendliche zu erreichen. Die Schulclubs sind eine Möglichkeit dafür. Hier übernehmen nämlich die Jugendlichen selbst die Aufgabe, andere Jugendliche aufzuklären, zu diskutieren und zu informieren. Dies erfolgt in einer Sprache und Form, die die jungen Menschen verstehen und annehmen können. Wenn hier die Aufklärungsarbeit funktioniert, ist der Grundstein für eine gute gesellschaftliche Entwicklung gelegt und unnötiges Leid, wie sie eine HIV-Ansteckung verursacht, kann verhindert werden. „Wir regen diese Clubs an und statten sie mit grundlegenden Informationsmaterialen, einem Megaphone und meist auch einem Kassettenrekorder aus“, erklärt Berhanu Bedassa. „Für mich eine eigentlich einfache, aber sehr effiziente Maßnahme, die in der Zukunft zum Wohle aller beiträgt.“ Darüber hinaus werden die Schulclubs auch oft zu Gemeindeveranstaltungen eingeladen, um dort ihre Stücke aufzuführen. Somit entfalten die Clubs eine große Wirkung über die Schule hinaus und tragen dazu bei, dass bestimmte Fragestellungen und Themen in einer Gemeinde diskutiert werden. Und auch dazu, dass die Menschen immer wieder für das Thema HIV sensibilisiert werden und sich entsprechend schützen bzw. testen lassen. So gesehen kann ein Theaterstück wirklich Leben retten.

Mehr über unsere Maßnahmen im Bereich Bildung lesen Sie hier:

www.mfm.at/bildung

Schulbau von Menschen für Menschen

Bildung ist der Schlüssel zur Entwicklung ganzer Regionen. Zu unseren Maßnahmen gehören neben Alphabetisierungskursen oder Trainings für Lehrer der Bau von Berufsbildungszentren und Schulen. Landesübliche Schulen sind meist baufällige, dunkle Hütten aus Lehm. Das Lernen in den staubigen Bauten fällt schwer. Deshalb baut Menschen für Menschen Schulen nach einem bewährten und langlebigen Modell. Grundlage ist ein stabiles Fundament aus Beton, Stahl und Steinen. Auch die Wände und die Böden sind gemauert bzw. aus Beton. Die Dachkonstruktion aus Stahltrapezblech hält auch den starken Regenfällen stand. Eine Besonderheit sind die Lamellenfenster (Louvre-Fenster), die Licht und frische Luft in die Klassenräume lassen. Im Gegensatz zu normalen Fenstern bestehen sie aus einzelnen Lamellen, die einzeln getauscht werden können.

Wie baut man eine Schule? Mehr dazu lesen Sie hier:

www.mfm.at/schulbau

Bildung ist der Schlüssel zu Entwicklung, wie auch die Wirkungskette zeigt:

Wirkungskette Bildung (Grafik)

Bei einer Evaluierung werden die einzelnen Glieder der Wirkungskette analysiert: Welche Mittel wurden eingesetzt (Input), welche Leistung wurde damit erbracht (Output), welche direkte (Outcome) und welche langfristige Wirkung (Impact) wurde erzielt.

Gesundheit

Nebenwirkung? 10 Kinder.

Gut ein Dutzend Frauen ist heute beim Health Post zusammengekommen, um sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Empfängnisverhütung zu informieren.

Gut ein Dutzend Frauen ist heute beim Health Post zusammengekommen, um sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Empfängnisverhütung zu informieren. (Foto)

Gesundheit Um die Gesundheitsversorgung in den ländlichen Regionen zu verbessern, errichten wir Gesundheitsstationen und statten bestehende Einrichtungen mit notwendigem Material und Geräten aus. Dabei arbeiten wir eng mit den regionalen Gesundheitsbehörden zusammen. Zusätzlich bieten wir Aufklärungs- und Hygienekurse sowie HIV-Beratungen an. Seit 2012 führen wir in unseren Projektregionen Abune Ginde Beret und Ginde Beret eine Großaktion zur Bekämpfung der Augenentzündung Trachom durch, wodurch die Erblindung von Betroffenen verhindert wird. Die Evaluierung dieser Großaktion erfolgte im Februar 2017. Das beeindruckende Ergebnis lesen Sie hier.

„Zwei Kinder sind vorerst genug“, sagt Tujube, nachdem sie es sich auf der Behandlungsliege so bequem wie möglich gemacht hat, um sich ein Verhütungsstäbchen einsetzen zu lassen. „Mein Mann und ich besitzen selbst kein Land, sondern bewirtschaften das Feld von jemand anderem. Dafür erhalten wir einen Teil der Ernte. Wir haben keinen guten Verdienst. Um mehr Kinder könnten wir uns also gar nicht kümmern.“

Tujube ist mit dieser Meinung nicht allein. Gut ein Dutzend Frauen ist heute beim Health Post in Taphisa Sankori zusammengekommen, um sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Empfängnisverhütung zu informieren. Die Beratungen führen Gemechu Chala, Leiter der Gesundheitsabteilung von Menschen für Menschen in Ginde Beret und Abune Ginde Beret, und Chaltu Tameru gemeinsam durch. Chaltu ist eine sogenannte „Health Extension Worker“ (HEW) der Regionalbehörde und betreut seit zehn Jahren die Gesundheitsstation in der entlegenen Region. „Bis auf zwei Jahre, die ich auf Fortbildung verbracht habe“, erzählt die junge Frau, die ursprünglich aus einem nicht weit entfernten Dorf stammt. Sie ist es auch, die Tujube das Verhütungsstäbchen schließlich einsetzt.

Tujube lässt sich ein Verhütungsstäbchen einsetzen (Foto)

Tujube hat sich ein Verhütungsstäbchen einsetzen lassen. „Zwei Kinder sind vorerst genug“, sagt die junge Frau.

Verhütung im Praxisteil

Wie das funktioniert, hat Chaltu wiederum in einem Kurs gelernt, der von Menschen für Menschen in der Region organisiert wurde. Auch in diesem Jahr ist ein externer Lehrer nach Kachisi gereist, um Gesundheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zu schulen. Dawit Kelklie verbringt insgesamt zwei Wochen in der Region und unterrichtet Health Extension Worker wie Chaltu genauso wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses oder von Menschen für Menschen selbst. Gelehrt wird praxisnah – also beispielsweise das Setzen von Verhütungsstäbchen – und natürlich wird auch theoretisches Wissen vermittelt, wie zum Beispiel Aufklärung zu Geschlechtskrankheiten oder die Wahl der richtigen Verhütungsmethode. Denn nicht jede Frau sollte hormonell verhüten. Das erklärt Chaltu auch der 42-jährigen Ababu. Diese leidet an einem stark vergrößerten Kropf, hervorgerufen durch Jodmangel, der unter anderem durch die einseitige Ernährung in der Region verursacht wird.

Ababu leidet an einem stark ausgeprägtem Kropf. (Foto)

Ababu leidet an einem stark ausgeprägtem Kropf. Hormonelle Verhütung ist nicht für sie geeignet. Chaltu Tamaru berät die Frau über die Alternativen.

Zu Nebenwirkungen fragen Sie Ihre HEW

„Bei Schilddrüsenproblemen sollte eine Frau möglichst nicht hormonell verhüten, weil es die gesundheitlichen Schwierigkeiten nur verschlimmert. Die Nebenwirkungen sind dann einfach zu stark“, erklärt Chaltu. Dabei wollte Ababu heute eigentlich eine Dreimonatsspritze zur Verhütung erhalten. „Die wahren Nebenwirkungen sind meine zehn Kinder“, sagt sie enttäuscht. Doch Chaltu hat auch schon eine Lösung parat: Im Krankenhaus in Kachisi ist es möglich, dass sich Ababu eine hormonfreie Spirale einsetzen lässt. Damit wären auch die langen Jahre der Schwangerschaften gezählt. Um den Kropf zu behandeln, müsste Ababu allerdings bis nach Addis Abeba fahren, da sich ein Kropf in dieser Größe nur mit einer Operation behandeln lässt. „Wir unterstützen regelmäßig Frauen, die eine Operation in der Hauptstadt benötigen“, erzählt Gemechu. „Zum Beispiel zur Behandlung von Geburtsfisteln, die aufgrund von Genitalverstümmelung und Frühverheiratung ein Problem in der Region sind. Menschen für Menschen unterstützt die Frauen bei den Fahrtkosten und mit Taggeld. Die Operation im Fistula Hospital ist zum Glück umsonst.“

Ursachenforschung

Geburtsfisteln drängen viele Frauen noch weiter an den Rand der Gesellschaft. Diese Fisteln – quasi kleine röhrenartige Verbindungen – bilden sich während langer Geburten zwischen der Vagina und Blase oder Darm. Die Folge: Frauen können Stuhl oder Urin nicht halten, im schlimmsten Fall tritt beides unkontrolliert über die Vagina aus. Ausgelöst werden diese Fisteln durch den langanhaltenden Druck, den das Kind auf den Geburtskanal ausübt. Dass Geburten oft tagelang andauern, ist auf das oft junge Alter der Mütter zurückzuführen, deren Körper noch nicht so weit entwickelt ist. Auch Mangelernährung kann dies zur Folge haben und Traditionen wie Genitalverstümmelung führen ebenfalls zu langen, schmerzhaften Geburten. Die Antworten auf all diese Erschwernisse und Problematiken sind in erster Linie Bildung und Aufklärung, und zwar der gesamten Gesellschaft. So übernehmen auch Pionierinnen in den Dörfern die Aufgabe, ihre Nachbarinnen und Nachbarn über die Ursachen gesundheitlicher Probleme wie Geburtsfisteln zu informieren. Das Wissen darüber erhalten sie in Kursen von Menschen für Menschen. So wird zum Beispiel bei einem Kochkurs nicht bloß das neue Gemüse gekocht. Die Frauen erfahren auch, wie die Vitamine ihre Gesundheit und die ihrer Kinder positiv beeinflussen. Und es wird die Gelegenheit genutzt, um mit den Sozialarbeiterinnen von Menschen für Menschen über gesundheitliche Probleme oder Verhütung zu sprechen. Alles im Leben hängt eben irgendwie zusammen. Und das Verständnis darüber ist die beste Vorsorge für die Menschen.

Mehr über unsere Maßnahmen im Bereich Gesundheit lesen Sie hier:

www.mfm.at/gesundheit

Gesundheit ist das höchste Gut. Wer gesund ist, kann zur Schule gehen, arbeiten und ein selbstständiges Leben führen.

Wirkungskette Gesundheit (Grafik)

Bei einer Evaluierung werden die einzelnen Glieder der Wirkungskette analysiert: Welche Mittel wurden eingesetzt (Input), welche Leistung wurde damit erbracht (Output), welche direkte (Outcome) und welche langfristige Wirkung (Impact) wurde erzielt.

Einkommen

Die Zukunft hängt an dünnen Fäden

Wie müssen Fäden richtig verwoben und worauf muss bei der traditionellen Textilproduktion geachtet werden? Yeshi kennt die Antworten auf diese Fragen.

Yeshi an ihrem Webstuhl. (Foto)

Einkommen Zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und um den Menschen Alternativen zur Landwirtschaft zu ermöglichen, setzen wir einkommensschaffende Maßnahmen um. Weiterbildungskurse, wie beispielsweise Näh-, Töpfer- oder Webkurse bieten den Teilnehmenden die Möglichkeit, ihr Handwerk zu verbessern und somit ein höheres Einkommen zu erzielen. Mit unseren Kleinkreditprogrammen unterstützen wir Frauen, um ihnen ein selbstständiges Einkommen zu ermöglichen. Speziell alleinstehenden Frauen, die über wenig bis kaum Land verfügen, wird dadurch erstmals eine Perspektive für die Zukunft eröffnet.

Die Zukunft von Yeshi Terfe wird sich künftig nur mehr um Garne, Farben und Muster drehen. Farbenfrohe Stoffe, Schals und traditionelle Umhänge sollen bald ihre Werkstätte verlassen. Gute Qualität spielt dabei eine wichtige Rolle. Doch wie müssen Muster konzipiert werden, wie Fäden richtig verwoben und worauf muss bei der traditionellen Textilproduktion noch geachtet werden? Wichtige Fragen, die die richtigen Antworten brauchen.

Der Schulungsraum auf dem Gelände von Menschen für Menschen in der Region Ginde Beret ist gut gefüllt. Er gleicht eher einer Textilwerkstätte als einem Kursraum. Überall stehen Webstühle, einfache Holzspindeln um Garn aufzuwickeln oder sonstiges Zubehör. An den Wänden hängen farbenprächtige Stoffe und Schals mit teils sehr aufwändigen Mustern. Das klappernde Geräusch der Webstühle erfüllt den Raum und man merkt: Die Teilnehmenden sind mit Eifer bei der Sache. Unter ihnen Yeshi Terfe, die einzige Frau im Raum. Sie arbeitet gerade an einem sonnengelben Umhang, eine etwas ungewöhnliche Farbe für die Region. Stolz blickt sie von ihrer Arbeit auf und lächelt. „Weben ist eine gute Arbeit. Früher habe ich Tella gebraut. Dabei ist mir ständig der Rauch in die Augen gestiegen und ich hatte immer wieder Augenprobleme und Kopfschmerzen. Jetzt habe ich die Chance, mit Weben mein Geld zu verdienen, ein großes Glück für mich“, erzählt Yeshi.

Ist Weben Männersache?

Für sie ist das Weben absolutes Neuland. Sie muss erst lernen, wie man die Kettfäden richtig aufzieht, die Fußmaschine zum Heben und Senken des Rahmens bedient und mit dem Webschiffchen umgeht. Auch wie man die bunten Garne mithilfe einer Spindel, die es so vor vielen Jahrzehnten auch in Europa gab, auf eine Spule bringt, will geübt sein. Dass in Äthiopien eine Frau den Beruf der Weberin ergreift, ist eher unüblich. Generell gilt Weben als Männerberuf. Daher finden sich zahlreiche Männer im Kurs. Viele von ihnen haben schon Erfahrung mit dem Handwerk, aber es fehlt ihnen an modernen Techniken, um entsprechend qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. „Wir arbeiten hier auf modernen Webstühlen“, erklärt Abitew Mama, der Weblehrer, und meint damit die Schäfte* samt Fußmaschine, sowie Lade** und Webeblatt. Damit kann man effizienter arbeiten und eine viel bessere Qualität produzieren.

Designs für die Zukunft

Abitew Mama ist extra aus einer anderen Region des Landes angereist, um hier in einem dreimonatigen Webkurs sein Wissen weiterzugeben. Ihm liegt sehr viel daran, seinen Schülerinnen und Schülern sehr genaues Arbeiten beizubringen. Auch die Vermittlung von neuen, ortsunüblichen Mustern und Designs ist für ihn von Bedeutung. Er möchte seine Schülerinnen und Schüler animieren, selbst kreativ zu werden. „Mir liegt sehr viel daran, Qualität und frische Ideen in die abgelegene Region zu bringen. Damit können meine Schüler Neues anbieten und sich einen eigenen Kundenstamm aufbauen, so wird ein gutes Einkommen möglich“, erläutert Abitew. Dann greift er zu einem Schal aus weißer Baumwolle mit einer kompliziert gewebten Bordüre und erklärt uns, worauf es dabei ankommt: „Für einen derartigen Schal kann ein Weber das Doppelte wie für einen herkömmlichen Schal verlangen, das sind rund 200 Birr statt den üblichen 100 Birr. Dank der modernen Webstühle kann er aber auch leichter und schneller produzieren. Das bedeutet zwei oder sogar drei Schals pro Tag statt der üblichen ein bis zwei Stück. Damit steigt sein Einkommen bei gleichem Zeitaufwand wesentlich. So kann er künftig seine Familie auch leichter erhalten.“

Kein brotloser Job

Weber kommen fast immer aus ärmlichen Verhältnissen, sie besitzen kein Land und können nur durch ihr Handwerk überleben. Für Yeshi hat das Weben den Vorteil, dass dieser Beruf sehr familienfreundlich ist. Mit ein Grund, warum sie sich dafür entschieden hat. Sie ist Witwe und hat vier Kinder zu versorgen. Eine große Herausforderung, sowohl in finanzieller als auch zeitlicher Hinsicht. Denn wer kümmert sich um die Kleinsten, wenn sie den ganzen Tag außer Haus ist, um als Tagelöhnerin Geld zu verdienen? Auch ihre Mutter, für die sie ebenfalls sorgt, ist bereits sehr betagt und benötigt Unterstützung. „Weben kann ich zu Hause bei meiner Familie, das ist wunderbar. Ich habe schon verschiedene Ideen für Muster und Designs, die ich anbieten möchte. Das Handwerk kann ich später auch an meine Tochter weitergeben. Den Webstuhl werde ich nach dem Kurs kaufen. Wir erhalten ihn zu einem vergünstigten Preis“, freut sich Yeshi. Rund 50 Birr (ca. 2 Euro) bekommen die Teilnehmenden pro Kurstag, um ihre Lebenskosten zu decken, da sie in dieser Zeit keiner anderen Arbeit nachgehen können. Dies ermöglicht ihnen auch, etwas zu sparen und anschließend Geld für den Erwerb des Webstuhls zu haben. Der große Traum von Yeshi ist neben der ausreichenden Versorgung ihrer Familie ein eigenes Geschäft. Dort möchte sie neben ihren eigenen Produkten aber auch andere Waren verkaufen. Sie hofft, bereits nach einem Jahr fleißiger Arbeit ihre Pläne umsetzen zu können und dank ihrer neuen Ausbildung den Weg aus der Armut zu schaffen.

Werfen Sie einen Blick in die Werkstatt von Yeshi Terfe:

* Schäfte bezeichnet eine Vorrichtung beim Webstuhl, mit der abwechselnd ein Teil der Kettfäden angehoben und ein anderer abgesenkt wird, so dass ein Fach entsteht, durch das das Webschiffchen gleiten kann.

** Lade ist eine hebelartige Vorrichtung mit kammartigem Webeblatt. Sie schlägt den Schlussfaden an den Rand des Gewebes an.

Mehr über unsere Maßnahmen im Bereich Einkommen lesen Sie hier:

www.mfm.at/einkommen

Wer Chancen in der Heimat hat, kann selbst zur Entwicklung seiner Region beitragen.

Wirkungskette Einkommen (Grafik)

Bei einer Evaluierung werden die einzelnen Glieder der Wirkungskette analysiert: Welche Mittel wurden eingesetzt (Input), welche Leistung wurde damit erbracht (Output), welche direkte (Outcome) und welche langfristige Wirkung (Impact) wurde erzielt.